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Kolberg am Wolziger See, Ansichtskarte, 1930er bis 1940er Jahre

(rechts unten vermutlich die Rückseite von Nabokovs "Schuppen")

 

 

Nabokov zwischen den Ziestseen

Entwirrung einer Konfusion

Von Dieter E. Zimmer

Mai 2014

Für Brian Boyd

ES WAR eine kurze Episode. Sie zeigt Nabokov, der nach seiner Emigration aus Russland sonst niemals ein eigenes Haus, eine eigene Wohnung, eigenes Land besaß, als Grundstückbesitzer am Ufer eines kleinen Waldsees in der Mark Brandenburg. Die Parzelle sei sehr schön, schrieb er an seine Mutter in Prag, mit Birken und Kiefern, einem kleinen Strand und wunderbaren Seerosen am Ufer.

Klingt das nicht unwahrscheinlich? Ist die Geschichte überhaupt wahr? Von allen Autoren, die von Nabokovs märkischer Sommerepisode im Jahr 1929 berichten, enthalten nur zwei Informationen aus erster Hand: Allein die Biographien von Andrew Field (1977) und Brian Boyd (1990) fußen auf Korrespondenzen und Gesprächen mit Vladimir und Véra Nabokov selbst.

Sie stimmen in Folgendem überein: Die Nabokovs leisteten im Sommer 1929 eine Anzahlung auf ein kleines Seegrundstück in oder bei einem Ort namens Kolberg. Die betreffende Parzelle stammte aus einem großen aufgelösten Gut. Im Juli und August 1929 verbrachten sie einige Zeit auf diesem Grundstück, schwammen, spielten Tennis, bekamen Besuch, und er brachte in dieser Zeit den Roman Lushins Verteidigung voran. Sie hatten vor, sich auf dem Grundstück ein Sommerhaus zu bauen. Da sie aber das Geld für die Folgezahlungen nicht hatten, fiel das Land bald an den Eigentümer zurück. Die Grundstücks-Episode verwendete Nabokov später in seinem Roman Verzweiflung.

Field, notorisch unzuverlässig, hält Kolberg noch in seinem dritten Buch über Nabokov (1986) für die Hafenstadt in Westpommern, das heutige polnische Kołobrzeg, und gibt damit nebenbei zu erkennen, dass er der Verbindung Kolberg-Verzweiflung überhaupt nicht nachgegangen ist. Hätte er Verzweiflung auch nur kursorisch gelesen, dann hätte er gewusst, dass das betreffende Seegrundstück in einem Kiefernwald in der Umgebung Berlins gelegen haben muss und nicht weit weg an der Ostsee. Von seinen Informationen sind immer nur jene glaubwürdig, die von anderen bestätigt wurden. Darum soll diese Quelle hier nicht weiter angezapft werden.

Auf Boyd allein gehen folgende zusätzliche Informationen zurück: Die Nabokovs hatten das Grundstück gemeinsam mit Véras Cousine Anna Feigin (1888–1972) gekauft. Ihr Sommerhaus wollten sie innerhalb von zwei Jahren bauen; es sollte drei oder vier Zimmer haben. Das Grundstück war in Nabokovs Erinnerung so groß wie seine Suite aus vier kleinen Zimmern im Dachgeschoss des Hotels Montreux Palace. In Kolberg mussten sie die "Hütte des ortsansässigen Briefträgers" mieten, wie es in der deutschen Übersetzung von Boyds Biographie heißt. Es besuchten sie dort Bekannte aus Berlin, der Entomologe Nikolaj Kardakoff, der wohlhabende Mitherausgeber von Rul, Awgust Kaminka, der sicher mit eigenem Auto kam, ihre früheren Berliner Zimmervermieter von Dallwitz; Anna Feigin blieb eine Woche und wohnte ebenfalls bei dem Postmann.

Aber an welchem See lag ihr Grundstück? Field schweigt sich ganz aus, Boyd schreibt "Colberg am Wolziger See", sodass der Leser denken muss, ihr See sei der Wolziger See gewesen. Der aber kann es unmöglich gewesen sein. Er ist kein kleiner, abgeschiedener Waldsee, sondern eine größere, relativ flache Wasserfläche von dreimal drei Kilometern mit einigen Ortschaften an seinem Ufer und einer Fährlinie. Und damit beginnen die Rätsel. Wenn es nicht der Wolziger See war – welcher war es dann? Es gibt viele Seen in dieser Gegend um die Flüsse Dahme und Spree. Und wie verhält sich Nabokovs See zu dem kleinen einsamen märkischen See im Kiefernwald, in dessen Nähe der Ich-Erzähler von Verzweiflung seinen Mord begeht? Wo war die Hütte des Postmannes? War das wirklich der örtliche Briefträger, wie oft übersetzt? War es wirklich eine Hütte oder, wie manchmal übersetzt, ein Häuschen oder ein Schuppen oder eine Laube oder eine Bretterbude? Vollends rätselhaft wird der Fall, wenn man die Kartenskizze hinzuzieht, die Nabokov in sein Exemplar der ersten englischen Übersetzung von Verzweiflung zeichnete, und diese mit den Orts- und Entfernungsbeschreibungen des Romans und den realen Karten der Gegend zu vergleichen beginnt.

Der Schriftsteller Jens Sparschuh, der einen Teil seiner Kindheit und Jugend in jener Gegend verbracht hat, vertiefte sich dermaßen in diese Rätsel, dass er ihnen im Sommer 2009 monatelang nachging, in Archiven recherchierte, Ortsansässige befragte, kreuz und quer in der Gegend umherfuhr und -wanderte – um am Ende zu dem Schluss zu kommen, dass er sie nicht lösen könne. Es kam ihm vor, als gerate er immer tiefer in ein Labyrinth, aus dem er nicht mehr herausfinden würde. Verzagt gab er auf. Etwas zu früh, denke ich, denn einer möglichen Lösung war er sehr nahe gekommen. Darum machte er den Bericht über seine Recherche zu einem Quasi-Roman mit dem Titel Ende der Sommerzeit. Er handelt von einer erfolglosen Recherche, die vielleicht nur eine Form von Geistestrübung ist. Und da ich nicht ausschließen kann, an Sparschuhs Verwirrung mit schuld zu sein, bin ich den gleichen Fragen im Frühjahr 2014 selber noch einmal nachgegangen.

Das Rätsel ist ein geographisches und von durchaus begrenzter Wichtigkeit, aber es lässt sich nur präsentieren, wenn man es als Puzzle mit vielen irritierend kontradiktorischen Details darstellt. Nabokovs Followers in aller Welt dürften zwar nur wenig Interesse an märkischer Heimatkunde haben, aber hier ist dennoch der Versuch einer Lösung, einfach weil es einem Leser wie mir Spaß macht, die komplexen Rätsel zu lösen, die Nabokov uns aufgegeben hat.

 

Die primären Quellen

Was wissen wir eigentlich von jener Sommerepisode 1929? Und woher? Die einzigen primären Quellen sind wie gesagt die Nabokov-Biographien von Andrew Field (1977) und Brian Boyd (1990). Jener hat Nabokov persönlich jahrelang mündlich und brieflich mit seinen Fragen und Irrtümern genervt, dieser hatte die beiden Postkarten gelesen, die Nabokov und Véra 1929 aus Kolberg an seine Mutter in Prag geschrieben hatten, und er hatte Véra Nabokov in der ersten Hälfte der 80er Jahre dreimal unter anderem explizit zu dieser Frage interviewt. Eigentlich hätte der Name des betreffenden Sees bei Field oder Boyd fallen müssen. Das hatte er aber nicht getan. Field hatte sich ausgeschwiegen, und Boyd hatte "Colberg am Wolziger See" geschrieben. Die erste Erwähnung seines wirklichen Namens findet sich, so weit ich sehe, in meinem Nachwort zu Verzweiflung aus dem Jahr 1997: Ziestsee. Auch in Thomas Urbans Buch über Nabokovs Berliner Jahre (1999) steht "Ziestsee"; er dürfte den Namen aus meinem Nachwort bezogen haben. Sparschuh dagegen glaubt, er habe ihn durch Ortskenntnis und Kartenstudium selber erraten.

 

 

 

 

»Zwei Wanderkarten der Gegend um Kolberg und die beiden Ziestseen, oben von ca. 1935, unten von 2014

Aber woher hatte ich ihn eigentlich? In jenem Nachwort (1997) und in meinem Buch Nabokovs Berlin (2001) behaupte ich so selbstverständlich und sicher, es habe sich um den Ziestsee gehandelt, dass ich mir nicht vorstellen konnte, ich hätte ihn selber erdacht. Also fragte ich bei Brian Boyd nach: Hatten die Nabokovs vielleicht noch einen anderen Namen erwähnt? Er nahm sich freundlicherweise die Zeit, in seinen Unterlagen nachzusehen. Und siehe da: Véra Nabokov hatte, aus über fünfzig Jahren Abstand, ihm gegenüber mehrmals ausdrücklich vom Ziestsee gesprochen. Im Typoskript des ersten, "russischen" Teils seiner Biographie hatte er tatsächlich "Colberg am Zietsee" (sic) geschrieben, ein Tippfehler. Mir hatte er Ende 1989 das Typoskript seines Buchs zur Durchsicht auf Fehler geschickt, und ich hatte am 19. Januar 1990 zu jener Stelle angemerkt: "Vermutlich stimmt hier mit den Namen etwas nicht, denn es existiert kein 'Colberg' an einem 'Zietsee'. Wie Sie die Lage dieser Örtlichkeit beschreiben, gibt es in jener Gegend ein Dorf namens 'Kolberg' und auch einen 'Lake Ziest'. Ich vermute, dass sich das Grundstück dort befand, aber das eigentliche Problem ist nicht eins der Schreibweise … Der Ziestsee ist etwa drei Meilen von Kolberg entfernt, aber da es keinen direkten Weg dorthin gibt, sind es zu Fuß tatsächlich etwa zehn Meilen … Ich lege eine Karte bei. Übrigens bin ich gestern hingefahren (jetzt dürfen wir Westler das ja). Kiefern, Birken, Schilf, Hunderte von behelfsmäßigen Datschen …" Offenbar von diesen reichlich spät eintreffenden Auskünften irre gemacht, hatte Boyd das "Colberg am Zietsee" im letzten Moment gestrichen und durch "Colberg am Wolziger See" ersetzt, das er auf Nabokovs Ansichtskarte aus Kolberg gefunden hatte. So blieb es mir vorbehalten, in meinem Nachwort von 1997 als Erster den 'Ziestsee' ins Spiel zu bringen.

Aber das Rätsel war damit nicht gelöst. Im Gegenteil, hier begann es erst richtig. Ein Jahr nach der Veröffentlichung meines Buchs Nabokovs Berlin (2001), in dem ich den Ziestsee ebenfalls erwähnt hatte, erhielt ich eine E-Mail von einem aufmerksamen Leser, Andree Othmar: Ob ich eigentlich gemerkt hätte, dass es in der Kolberger Gegend zwei Ziestseen gebe? Ich hatte es nicht bemerkt, erschrak, fuhr hin und überzeugte mich von der Existenz auch des zweiten, kleineren, drei Kilometer südlich von Kolberg, ohne entscheiden zu können, welches der "richtige" war. Übrigens hätte ich den kleineren mit einer Lupe auch schon in den russischen Zeitungsinseraten der Siedlungsfirma erkennen können, von der Nabokov sein Grundstück gekauft hatte. Sparschuh entdeckte ihn, als er zufällig an einem Wegweiser vorbeikam, der zu ihm zeigte.

Das Rätsel – welcher See? – war also keineswegs gelöst; es hatte sich sogar verdoppelt.

 

Der Ort Kolberg

'Kolberg' ist die aktuelle Schreibweise, 'Colberg' die alte. Sie war bis in die 1920er Jahre in Gebrauch, wurde danach aber nur noch zu nostalgischen Zwecken benutzt. Um 1930 war Kolberg in der Mark Brandenburg, Landkreis Beeskow-Storkow, ein Dörfchen aus etwa 25 Gebäuden mit etwa 120 Einwohnern. Aber "Dorf" ist kaum das richtige Wort. Kolberg bestand nicht aus regulären Bauernhöfen mit Stall, Scheune und Misthaufen. Es war eine Konglomeration von etwa 25 Gebäuden direkt am ehemaligen Herrenhaus des Gutes Colberg, bewohnt von Guts- und Landarbeitern ohne eigene Landwirtschaft.

 

 

 

 

 

»"Schloss Colberg" - Das Herrenhaus des Gutes Colberg im späten 19. Jahrhundert

Um 1930 scheiterte ein Versuch, die Ländereien des Guts zu besiedeln. In DDR-Zeiten, als Kolberg im Kreis Königs Wusterhausen lag, wurden Teile des ehemaligen Guts in eine LPG umgewandelt. Im Übrigen setzte Kolberg auf Sommertourismus. "Anfang des letzten Jahrhunderts", heißt es auf der kargen Homepage, "fuhren viele Berliner 'in die Sommerfrische' aufs Land in Privatquartiere. In den sechziger und siebziger Jahren bauten in Kolberg viele DDR-Betriebe Kinderferienlager und Bungalowsiedlungen, sodass es jährlich mehrere zehntausend Übernachtungen im Ort gab. Darüber hinaus hatten viele Ostberliner in Kolberg und Umgebung Datschen errichtet." Das "Schloss" genannte Herrenhaus des Gutes Colberg, am Ortseingang aus Richtung Blossin direkt am Wolziger See gelegen, blieb stehen, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg Kommandantur der sowjetischen Besatzungsmacht, dann Gemeindezentrum und bald nach 1990 abgerissen.

Heute ist Kolberg, zusammen mit den Nachbardörfern Prieros, Blossin, Friedersdorf, Bindow und Dannenreich, ein Ortsteil der 2003 neugegründeten Großgemeinde Heidesee, Landkreis Dahme-Spreewald, zählt etwa 325 Einwohner, scheint als Touristenattraktion vor allem einen großen Campingplatz und einen kleinen Sportboothafen zu bieten und preist sich als Eventlocation an.

 

Das Gut Colberg

1920 verkaufte der Rittergutsbesitzer Carl Groh seine Kolberger Ländereien, 400 Hektar Wälder, Felder, Weiden und Wiesen insgesamt, weil sich ihre Bewirtschaftung nicht mehr lohnte. Es war die Zeit der einsetzenden Inflation. Der Käufer der Gutsländereien, der Berliner Architekt Karl Hiller, zahlte dem Gutsherrn eine "Roggenrente" - und wartete zunächst ab. Er hatte vor, mit dem vielen Land ein ganz großes Ding aufzuziehen: es in Parzellen aufzuteilen und diese einzeln an Wochenendler und Sommerfrischler aus Berlin zu verkaufen. Zu diesem Zweck taten sich zwei Siedlungsgesellschaften zusammen, "Der Colberg am Wolziger See" und "Die Märkische Landverwertungsgesellschaft", und bildeten die Firma "Colberg am Wolziger See Märkische Siedlungsgesellschaft", kurz "Der Colberg" genannt, um die 400 Hektar gemeinsam zu verwerten. Die Firma war keine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft, sondern, wie man damals unverhohlen sagte, eine reine Spekulationsgesellschaft. Geschäftsführer war der Berliner Ingenieur Alexander Eppstein.

 

 

 

 

»Russischsprachiges Inserat der Firma "Der Colberg" in der Berliner Tageszeitung "Rul" vom 6. Juni 1929, Seite 9

Als potenzielle Käufer wurden auch die in Berlin lebenden Exilrussen anvisiert. Zwischen April und Juli 1929 inserierte "Der Colberg" viermal in russischer Sprache in der wichtigsten Emigrantenzeitung, Rul, die von Nabokovs 1922 ermordetem Vater mitgegründet worden war, die sein Sohn regelmäßig las und in der er von Anfang an laufend Gedichte, Geschichten, Rezensionen veröffentlichte. Hier dürfte er auf "Den Colberg" aufmerksam geworden sein, als er Ende Juni 1929 von seiner Schmetterlingsexkursion in die Pyrenäen zurückkam und von dem Honorar für die deutsche Übersetzung seines Romans König Dame Bube noch etwas Geld übrig hatte.

1928 reichte "Der Colberg" einen ersten Siedlungsplan für die Gegend rund um den Kolberg ein. Sie reichte vom Ufer des Wolziger Sees im Norden über den Kolberg hinweg (mit seinen 92 Metern fälschlich als höchste Erhebung der Mark Brandenburg bezeichnet und von "zauberischer Schönheit") bis zum Südende des (kleineren) Ziestsees. Hier sollte eine "Gartenstadt" entstehen. Dazu sollte das Gelände in über tausend Parzellen für Wochenend- und Sommerhäuser zerlegt werden. Wären alle verkauft und bebaut worden, so hätte das die Einwohnerschaft Kolbergs verzwanzig- oder verdreißigfacht. Gegen die Bebauung des Kolbergs selbst legten die Kreisbehörden sofort Widerspruch ein; trotzdem war mehr als genug Land vorhanden. Das örtliche Hauptbüro der Immobilienfirma war ein (bunter?) Verkaufspavillon bei den Gutsgebäuden; ob die Wegweiser dorthin gelb waren, wie in Verzweiflung beschrieben, lässt sich nicht mehr klären. Im Verkaufsprospekt nannte "Der Colberg" Quadratmeterpreise ab 1,50 Mark und eine Anzahlung von mindestens 800 Mark, der Rest zu zahlen in drei bis fünf Jahren; die wenigen echten Seegrundstücke dürften teurer gewesen sein.

Am West- und Nordufer des Ziestsees waren 31 Parzellen direkt am See vorgesehen, und viele, viele mehr in zweiter, dritter, xter Reihe. Diese 31 Parzellen waren die einzigen wirklichen Seegrundstücke, die "Der Colberg" an den angeblich fünf Seen seines Prospekts zu bieten hatte, denn das Ostufer des Ziestsees und das gesamte Ufer des Wolziger Sees durften nicht bebaut werden. Die meisten Seegrundstücke waren zwischen 1.300 und 1.600 Quadratmeter groß, über 50 Meter lang und unter 30 Meter breit, Schmalseite zum See. (Nabokovs Erinnerung, das Stückchen Land sei nicht größer gewesen als seine vier Zimmer im Hotel Montreux Palace, war wie die "zweieinhalb Tennisplätze", die er in Verzweiflung Ardalion zuschrieb, also eine starke Untertreibung.)

 

»Der Kolberger oder Kleine Ziestsee - Satellitenaufnahme aus dem Jahre 2005, bei Google earth

»Die Parzellen am Ziestsee gemäß dem letzten Siedlungsplan vom 1.4.1930 (rot: verkauft, rosa: vorgemerkt). Eine der roten dürfte 1929 Nabokov gehört haben.

Hätte Nabokov sein Grundstück behalten und weitere Raten gezahlt, so hätte er wohl wenig Freude daran gehabt. Was ihm vorschwebte, muss eine Art russische Datscha gewesen sein. Sein einsames Kolberger Seegrundstück aber hätte sich innerhalb eines Jahres mitten in einer Art deutscher Kleingartenkolonie befunden, mit Zäunen, sorgfältig gepflegten Stiefmütterchenbeeten, Gartenzwergen und misstrauischen Nachbarn mit Gießkannen. In Kolberg plante man sogar noch Größeres: eine Stadt aus Wochenendhäusern, jedes mit einem Garten drumherum. Zunächst wurde ein Strandcasino gebaut. 1929 war es, wie in Verzweiflung beschrieben, noch im Bau, 1930 wurde es eröffnet. Sonst gab es aber nur ein Strandbad (laut Verzweiflung eher ein "Morast am Seerand") und sicherlich auch Turngeräte und Tennisplätze. Immerhin wurde aus Berlin eine "Luxus"-Dampferlinie von der Jannowitzbrücke nach Kolberg eingerichtet, und kurz dachte man sogar an den Bau einer Kleinbahn von Friedersdorf mitten in die neue Gartenstadt. Aber vor Ort ging es kleinlicher zu. Nabokov hätte zunächst Zäune ziehen, eine Senkgrube anlegen und sich an den Wege- und den anderen Erschließungskosten beteiligen müssen. Den Siedlern wurde eine Art Gemeindeabgabe auferlegt; manche verweigerten sie. Jedenfalls war der Kolberger Ziestsee bald kein einsamer, abgelegener kleiner See in einem Kiefern- und Birkenwald mehr. Um die "ideale Einsamkeit" wäre es schon im nächsten Sommer geschehen gewesen.

"Der Colberg" hatte dauernd Querelen mit den Gemeinde- und Kreisbehörden, die die nötigen Genehmigungen nur zögernd herausrückten, und auch mit Ortsansässigen, die ihre Interessen verletzt sahen und den Siedlern in "feindseliger Haltung" gegenüberstanden. Meist ging es um den Verlauf von Fluchtlinien und die Breite und Befestigung der anzulegenden Straßen und Wege und wer dafür zu zahlen hätte. Wer Fluten von Einsprüchen gegen Bebauungspläne für ein modernes Phänomen hält, kann am Kolberg seine Frühgeschichte studieren. Auf dem letzten Bebauungsplan vom April 1930 sind nur etwa 150 der über tausend Parzellen als verkauft markiert, davon immerhin 12 der 31 Vorzugsparzellen am Westufer des Ziestsees, wo außer einer winzigen alten Hütte vorher gar nichts gestanden hatte. Anfang 1931 ging "Der Colberg" in Liquidation, und da sich kein Käufer fand, wurde das ganze Fiasko im September 1932 zwangsversteigert. (Dies alles nach Akten im Brandenburgischen Landeshauptarchiv, Potsdam-Bornim, Zum Windmühlenberg.)

 

Das Quartier

Der Kolberger Sommer von Vladimir und Véra Nabokov dauerte nur ein paar Wochen, etwa sechs. Die erste Postkarte an seine Mutter schrieb er aus Kolberg am 26. Juli 1929. Die zweite, mit einer idyllischen Ansicht des Wolziger Sees auf der Vorderseite, war am 8. August wieder in Berlin abgestempelt. Darauf schrieb er, sein Roman nähere sich dem Abschluss, und es sei sehr heiß hier. Nabokov hatte sie wohl einem seiner Besucher nach Berlin mitgegeben, und selber waren er und Véra noch einige Zeit vor Ort geblieben, bis zum nächsten schlechten Wetter. Ende August jedenfalls war er wieder in Berlin-Schöneberg, Luitpoldstraße 27, bei einem neuen Zimmervermieter, in zwei Zimmern der "riesigen und düsteren" Wohnung von Oberstleutnant a.D. Albrecht von Bardeleben, der sich gerne für einen General halten ließ.

In diesen Sommerwochen 1929 also, schrieb Boyd, "mussten sie sich eine kleine Hütte vom ortsansässigen Briefträger mieten", so steht es in der deutschen Übersetzung. Im englischen Original steht, vieldeutiger, "they rented a shack from the local postman". Ich hatte bei meinen Kolberg-Besuchen vor 1997 nach einer Poststelle gesucht und keine gefunden, den shack aber mit 'Schuppen' und den local postman vorsichtshalber mit 'Posthalter' übersetzt, in Erinnerung an meine "Evakuierungs"-Zeit während des Zweiten Weltkriegs, als die Brandenburger Dörfer gewöhnlich keine eigene Poststelle hatten, sondern die Deutsche Reichspost sich von einem Gemischtwarenhändler oder Gastwirt im Dorf vertreten ließ, dem Posthalter. An seinem Haus hing der Briefkasten, dort in der Nähe hielt der Postbus, dort konnte man Briefmarken kaufen, dort hing das einzige öffentliche Telefon - ein Kurbeltelefon - an der Wand, dort war die Anlaufstelle für die Kommunikation mit dem Rest der Welt.

Jens Sparschuh hatte 2009 dagegen nach einem "Briefträger" gesucht, keinen gefunden, war der Frage dann aber sehr viel gründlicher nachgegangen als ich und hatte in Erfahrung gebracht, dass es nicht nur zur Zeit keinen Briefträger in Kolberg gab, sonder niemals einen gegeben hatte. Die Post wurde früher von einem Briefträger mit Motorrad aus dem Nachbardorf Prieros gebracht. Woraus er schloss, dass Boyds Satz über die Hütte des Briefträgers irgendwie falsch sein musste, sich Nabokovs Sommerdomizil niemals finden lassen werde und die ganze Sache damit noch irrealer wurde.

»Der Alte Dorfkrug in Kolberg, 2014

»Der Briefkasten

»Schuppen im Hof      Fotos ©D.E.Z.

Ende März 2014 stand ich an einem Sonntagmorgen so ratlos wie vordem auf dem "Platz der Einheit", der so etwas wie die Mitte von Heidesee OT Kolberg zu markieren scheint. 1990 hieß er auch schon so, feierte aber nicht vorausschauend die deutsche Wiedervereinigung, die ein Dreivierteljahr später stattfand, sondern die Zwangsvereinigung von SED und SPD im Jahr 1946. Ich sah mich um. Mein Blick fiel auf das einzige belebte Haus im Ort, genau gegenüber, Dorfstraße 1, eine Gastwirtschaft namens "Alter Dorfkrug", die es hier schon immer gegeben zu haben schien. Ein paar ältere Männer gingen ein und aus. Hätte ein Fremder, der nach einem Fremdenzimmer für ein paar Sommerwochen suchte, nicht zuerst hier in diesem Gasthof nachgefragt? Aber dieser war ja nicht die Post. Ich suchte die Fassade ab. Links vom Alten Dorfkrug stand ein eingeschossiges Nebengebäude, das offenbar für größere Gesellschaften genutzt wurde. Es hatte einen eigenen Eingang, eine doppelflüglige braune Holztür. Und rechts neben der Tür hing ein gelber Briefkasten. Ich hatte ihn schon immer gesehen, denn er war der bunteste Fleck in ganz Kolberg, aber nie zur Kenntnis genommen. Doch jetzt durchschoss mich plötzlich eine Idee. Was, wenn Nabokov dies für die Kolberger Poststelle gehalten hätte und den Wirt für den local postman?

Ich ging in den Gasthof und erkundigte mich bei dem Kellner und dem Wirt. Gebe es hier auch Fremdenzimmer? Nein, nicht mehr, aber früher hätten sie immer welche vermietet. (Tatsächlich kündigte eine alte Ansichtskarte des Gasthofs, die ich später fand, auf der Rückseite ausdrücklich Fremdenzimmer an.) Wo genau hätten die gelegen? Im Obergeschoss. Das passte nun leider gar nicht. Aber der Briefkasten nebenan: sei der der einzige im Ort? Ja. Wie lange hinge der schon dort? Der habe immer da gehangen. (Dann müsste er 1929 von einem Postfahrer aus Prieros geleert worden sein.) Verkaufe er, Herr Rehder, der Wirt, den Gästen auch Briefmarken? Aber klar doch, Briefmarken und Ansichtskarten. (Dann dürfte es auch sein Vorgänger Ernst Hensel um 1930 getan haben, der übrigens damals auch die Firma "Der Colberg" vertrat.) Das passte alles verblüffend gut. Nur das Obergeschoss passte nicht, falls Nabokov nicht den ganzen Gasthof für einen Schuppen gehalten hatte, wofür aber kein Anlass bestand. Ich bedankte mich, ging hinaus und sah mich noch einmal um. Hatte der Gasthof etwa noch andere Nebengebäude als das zur Straße gelegene mit dem gelben Briefkasten (der 1929 blau gewesen sein muss und auch auf jener alten Ansichtskarte deutlich zu erkennen ist)? Ich ging rechts um das Haus herum und kam auf einen Hof. Links befand sich ein flaches Gebäude mit der Küche, hinten standen zwei Gebäude, die man nicht anders denn als Schuppen bezeichnen konnte. Der rechte schien auf menschliche Nutzung eingerichtet.

 

 

 

 

»Der Kolberger Gasthof, historische Ansichtskarte (1950er bis 1970er Jahre)

Und damit hatte ich nun eine Hypothese. Nabokov dürfte im Juli 1929 zuerst im Alten Dorfkrug nach Fremdenzimmern gefragt haben, aber mitten in der Sommersaison waren die im Obergeschoss schon belegt. Herr Hensel, den er für den Gastwirt und Posthalter hielt, hatte jedoch noch einen Schuppen hinten im Hof frei, und den könne er haben, wenn er mit einer primitiven Unterkunft vorlieb nehme. Nabokov nahm ihn. Eine Woche lang wohnte auch Anna Feigin dort.

Beweisen kann ich diese Hypothese nicht. Aber ich bin sicher, dass es so bald keine bessere geben wird.

 

Ziestsee oder Ziestsee

Der Ziestsee, an dem Nabokovs Grundstück lag, wird auch Kleiner Ziestsee genannt. Er ist etwa 560 Meter lang und 200 breit und liegt gut drei Kilometer südlich von Kolberg, zwei Kilometer Landstraße Richtung Prieros, ein Kilometer links ab in den Wald. Der Ziestsee, an den ich 1990 und 1997 in meinem Nachwort zu Verzweiflung dachte und den auch Sparschuh im Auge hatte, war jedoch der andere, der größere, fast möchte man sagen: der richtige Ziestsee, gelegen in der Gemarkung Bindow, etwa 500 Meter breit und 1000 Meter lang. Er liegt etwa vier Kilometer Luftlinie nordwestlich von Kolberg; zu Fuß wären es heute sieben Kilometer, vier Kilometer Landstraße bis hinter Blossin, dann drei Kilometer quer durch den Kiefernwald, die Blossiner Heide. Schwer vorstellbar, dass die Nabokovs im Sommer 1929 jeden Tag zwei solche Fußmärsche gemacht und manchmal sogar noch Gäste dorthin mitgeschleppt haben sollten.

 

 

 

 

»Der Bindower Ziestsee, Westufer, 2014                               Foto ©D.E.Z.

Immerhin, Nabokov wie Ardalion in Verzweiflung hätten damals auch am Bindower Ziestsee ein Grundstück kaufen können. Das Dorf Bindow im Landkreis Dahme-Spreewald, durchquert von der "Chaussee" (der heutigen L40), hatte 1928 250 Einwohner, die meisten Land- und Gartenarbeiter; heute sind es 900, seine Siedlungen eingeschlossen, während der Dorfkern etwa gleich groß geblieben ist. Südlich des Dorfs lag das Gut Bindow, ein bescheidenes Gut mit kargen Sand- und sauren Wiesenböden, dessen Kiefernwälder sich von der Dahme bis zum Ziestsee erstreckten. 1927 war es heruntergewirtschaftet und wurde verkauft, an den jungen Landedelmann Oskar von Enckefort, der von vornherein die Absicht hatte, die Hälfte seiner Ländereien zu zerlegen und die Parzellen einzeln an Berliner zu verkaufen, die es hinaus "ins Grüne" zog. (Die andere Hälfte wurde weiter betrieben und zu DDR-Zeiten in eine LPG umgewandelt.) Enckefort begann umgehend mit der Erschließung. Zunächst ließ er Wald roden, was ihm umso leichter fiel, als die Kiefern 1927 durch einen Borkenkäferbefall stark geschädigt waren und das gefällte Holz an Ort und Stelle zum Bauen der Holzhütten und -häuser verwendet werden konnte. Dann wurden Wege und eine Straße zur Chaussee angelegt, die "Grüne Trift". Die Verkehrsverbindung nach Berlin war durch die Bahn ins nahe Friedersdorf (15 Minuten Fußmarsch zum Bahnhof) und eine Postbuslinie nach Königs Wusterhausen recht günstig. Ab 1928 wurden die Parzellen variabler Größe durch das Berliner Maklerbüro "See- und Waldgut Bindow" an Interessenten vermittelt; die direkt am Ziestsee waren 1.600 bis 2.500 Quadratmeter groß, mit einer Wasserfront von 18 bis 20 Metern. Sie sollten pro Quadratmeter 4 Mark kosten. Im Sommer 1930 hatten schon eine halbe Million Quadratmeter einen Besitzer gefunden (in Kolberg nicht einmal halb so viele). Danach wuchs die Siedlung im Vergleich zu der in Kolberg stetig, bis aus ihr bis zum Zweiten Weltkrieg der relativ schmucke Ortsteil Bindow-Siedlung, heute Bindow-Süd wurde.

 

 

 

»Das Strand-Casino am Bindower Ziestsee, 1928/29 (aus "80 Jahre Bindow Siedlung" von Wolfgang Schuenke)

Es war also ein attraktiver Ort, und 1929 hätten Nabokov wie Ardalion auch an diesem See ein Grundstück finden können. Trotzdem kann es dieser Ziestsee nicht gewesen sein. Die Bindower Siedlung war 1929 schon ein Jahr weiter als die in Kolberg. Anders als zu Ardalions See gab es einen regulären Fahrwege dorthin, nicht nur holprige Waldwege (zum Kolberger Ziestsee gibt es sie bis heute nicht), und die erhoffte "ideale Einsamkeit" hätte Nabokov hier schon nicht mehr gefunden. Am Seeufer stand seit 1928 ein Strand-Casino mit bunten Markisen und Strandkörben; etliche Grundstücke dürften schon verkauft und bebaut gewesen sein. Aber während "Einsamkeit" oder "Zugänglichkeit" nur weiche, subjektive Kriterien sind, gibt es auch ein objektives, hartes. "Vom Strand-Casino aus", schreibt der Lokalhistoriker Wolfgang Schuenke, "führte nach beiden Seiten ein vier Meter breiter öffentlich zugänglicher Promenadenweg einige Meter vom Ufer entfernt am See entlang. Die See-Grundstücke endeten mit dem Zaun an diesem Weg" (der erst nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand). Am Bindower Ziestsee also hätte ein Grundstück nicht wie das Nabokovs bis ans Wasser reichen können; ein Zaun und ein vier Meter breiter Weg hätten es vom Ufer getrennt.

Tatsächlich war Nabokov ja auch nach Kolberg und nicht nach Bindow geraten, und in Kolberg, wo es schwer verkäufliche Grundstücke im Überfluss und einen wirklich noch völlig einsamen kleinen Waldsee mit Grundstücken bis zu seinem Ufer gab, hätte man ihm wohl nicht ausgerechnet ein Grundstück an dem teilweise schon besiedelten Waldsee einer konkurrierenden, nur nach einem Sieben-Kilometer-Marsch erreichbaren Nachbargemeinde verkauft.

 

»Der Kolberger Ziestsee, Westufer, 2014                               Fotos ©D.E.Z

                               »Wegweiser, 2014

Nun könnte man meinen: Fall gelöst, Nabokovs Grundstück lag am Kleinen Ziestsee, dem Kolberger. (Ihn 'Kolberger Ziestsee' zu nennen, ist streng genommen nicht ganz richtig, denn tatsächlich liegt er größtenteils in der Gemarkung Prieros. Heute liegen beide Ziestseen in der neuen Großgemeinde Heidesee.)

Aber nun wird alles noch komplizierter. Denn der See des Romans Verzweiflung, "Ardalions See", kann in mindestens einer Hinsicht keinesfalls der Kolberger Ziestsee sein, sondern nur der andere, der größere bei Bindow. Denn nur der Bindower Ziestsee liegt dort, wo den Beschreibungen des Romans und Nabokovs Kartenskizze zufolge "Ardalions See" liegen müsste.

 

Verzweiflung

Hier sind die entsprechenden Beschreibungen des Romans, in Fettdruck hervorgehoben alle konkreten Einzelheiten, die auf Reales hinweisen könnten. Man muss nur seine vier Ortsnamen ändern, Königsdorf in Königs Wusterhausen, Eichenberg in Friedersdorf, Waldau in Kolberg, den Waldauer See in Wolziger See.

Der deutschrussische Sckokoladenfabrikant Hermann Karlowitsch wohnt mit seiner molligen Frau Lydia in Berlin; die Geschäfte gehen schlecht. Lydias Cousin, der Kunstmaler Ardalion, ist zugleich ihr Geliebter, ohne dass Karlowitsch es auch nur zu bemerken scheint. Ardalion hat 100 Mark auf ein kleines Seegrundstück in der Umgebung Berlins angezahlt. Eines Sonntags machen sie in Karlowitschs Auto, einem 'Ikarus', zu dritt einen Ausflug dorthin. Dort, an "Ardalions See", beginnt Karlowitsch seinen Mord zu planen, einen primitiven Versicherungsbetrug, bei dem er einen Fremden in seine Kleidung stecken, ihn erschießen, sich mit dessen Identität davonmachen und Lydia seine Lebensversicherung kassieren lassen will. Er meint, der Fremde, ein Landstreicher, sehe ihm so ähnlich, dass die Polizei und die Versicherung auf die Verwechslung hereinfallen müssten. Tatsächlich neigt er zur großsprecherischen Hirngespinsten; er möchte seine Tat als Kunstwerk gewürdigt wissen. Die Ähnlichkeit sieht nur er selber, und die Polizei kommt gar nicht auf die Idee, dass der Tote mit ihm identisch sein könnte.

Kapitel 2

"Es, das Land, erstreckte sich etwa über eine Länge von zweieinhalb Tennisplätzen und grenzte an einen recht hübschen kleinen See. Ein Y-stämmiges Paar unzertrennlicher Birken wuchs dort … außerdem einige Ilexbüsche; etwas weiter entfernt standen fünf Kiefern, und noch weiter entfernt gelangte man, mit freundlicher Genehmigung des umliegenden Waldes, zu einem Flecken Heidekraut … Die Nachbargrundstücke hatten noch keine Käufer gefunden. Am Ufer jenes Sees war die Geschäftslage flau, die Gegend war nämlich feucht, von Mücken heimgesucht und weit vom Dorf entfernt; außerdem gab es keine Verbindungsstraße zur Chaussee [engl. road, russ. schosse], und niemand wusste, wann sie angelegt werden würde" (S. 318). [Anfang 30er Jahre wurde ein Fahrweg von der Chaussee zur aufkeimenden Siedlung Bindow-Süd am Westufer des Ziestsees gebaut.]

"'Ein erfreulicher Anblick für einen Landbesitzer!', rief Ardalion, als wir gegen Mittag durch Königsdorf fuhren und dann das Stück Straße dahinrasten, das er kannte … Zu beiden Seiten erstreckte sich raues Ödland der Sand-und-Heidekraut-Spielart, mit ein paar vereinzelten jungen Kiefern. Ein Stück weiter dann änderte sich die Landschaft ein wenig; wir hatten nun ein gewöhnliches Feld zu unserer Rechten, das in einiger Entfernung düster von einem Wald gesäumt war. Ardalion wurde wieder nervös. Auf der rechten Straßenseite erhob sich ein leuchtendgelber Pfahl, und an diesem Punkt zweigte im rechten Winkel ein kaum erkennbarer Weg [russ. goroda, Weg] ab, das Gespenst eines nicht mehr benutzten Weges, der alsbald zwischen Kletten und wildem Hafer verlosch… 'Das ist die Abzweigung', sagte Ardalion großspurig … Lydia sagte: 'Ardi, Liebster, ich schlage vor, wir fahren lieber bis Waldau weiter; du hast doch gesagt, da gäbe es einen großen See und ein Café oder so was.' Dieser gelbe Pfahl ... Errichtet vom Makler der Parzellen, hochgereckt in leuchtender Einsamkeit, ein verirrter Bruder jener anderen bemalten Pfähle, die siebzehn Kilometer entfernt in Richtung auf das Dorf Waldau vor verlockenderen und teureren Grundstücken Schildwache standen … Der Weg, wie bereits erwähnt, verlor sich, er schwand dahin; der Wagen quietschte verärgert, als er über den holprigen Boden hopste … Lydia sagte: 'Ardi, Liebster, ich schlage vor, wir fahren lieber bis Waldau weiter; du hast doch gesagt, da gäbe es einen großen See und ein Café oder so was.' 'Kommt gar nicht in Frage', erwiderte Ardalion aufgeregt. 'Erstens, weil für das Café gerade erst die Pläne gemacht werden, und zweitens, weil ich auch einen See hab …' Vor uns, höher gelegen, begann in etwa hundert Meter Entfernung ein Kiefernwald(S. 319-321).

 

 

 

 

»Der Tatort - die Einmündung des Waldwegs zum Bindower Ziestsee in die Chaussee, die Landstraße L40, bei km10, 2014         Foto ©D.E.Z.

Und diese Kiefern vor mir, deren Rinde an rotes, straff gespanntes Schlangenleder erinnerte, und ihr grüner Pelzbesatz, den der Wind gegen den Strich striegelte; und jene kahle Birke am Waldrand (Moment, warum habe ich 'kahl' geschrieben? … 'Darf ich fragen, wo ich Ihrer Meinung nach fahren soll? Ich sehe keinen Weg.' 'Oh, seien Sie doch nicht so kleinlich', sagte Ardalion. 'Fahren Sie weiter, alter Junge. Wieso – einfach geradeaus. Dahin, wo Sie die Lichtung sehen. Wir schaffen es gerade, und wenn wir erst mal im Wald sind, ist es nur noch ein kurzes Stück bis zu meinem Grundstück.'… Ich setzte den Wagen wieder in Gang und sagte dabei: 'Gut, wenn wir ihn zu Bruch fahren, zahlen Sie die Reparaturen.' Das Holpern rüttelte und schüttelte mich auf meinem Sitz, Lydia neben mir wurde gerüttelt, und hinter uns wurde Ardalion gerüttelt und redete dabei ununterbrochen: 'Wir kommen jetzt [rums] bald in den Wald [rums] und dann [rums-rums] auf dem Heidekraut geht's besser [rums].' Wir kamen wirklich hinein. Zuerst blieben wir im tiefen Sand stecken, der Motor heulte auf, die Räder drehten durch; schließlich kamen wir mit einem heftigen Ruck frei; dann streiften Zweige die Karosserie entlang und zerkratzten den Lack. Schließlich zeigte sich eine Art Weg, der hier und dort von trocken raschelnder Heide überwachsen war und dann wieder zum Vorschein kam und sich zwischen dichtstehenden Baumstümpfen hindurchschlängelte … Ein einsamer Ort, in der Tat! ... Von fern kam Ardalions kräftiges Gebrüll. Eine Minute später erschien er auf einer Lichtung, schwenkte die Arme und winkte uns zu sich. Wir fuhren ihm langsam nach und mußten dabei die Baumstümpfe umschiffen. Ardalion schritt entschlossen und geschäftig vor uns her. Da blitzte etwas auf –  der See. Ich habe das Grundstück bereits beschrieben. Er war außerstande, mir seine genauen Grenzen zu zeigen. Mit großen, stampfenden Schritten vermaß er die Meter, hielt inne, blickte zurück und ließ das Bein, auf dem sein Gewicht ruhte, einknicken; dann schüttelte er den Kopf und machte sich auf die Suche nach einem bestimmten Baumstumpf, der irgend etwas markierte. Die zwei umschlungenen Birken betrachteten sich im Wasser; auf seiner Oberfläche trieben Flaumflocken, und die Binsen glitzerten in der Sonne…" (S. 322-326).

"Ich entwickelte eine schwermütige und schmerzhaft heftige Vorliebe für diesen einsamen Wald mit dem schimmernden See in seiner Mitte. Ardalion bemühte sich nach Kräften, mich dahingehend zu schikanieren, dass ich den Makler aufsuchte und das angrenzende Stück Land kaufte, aber ich blieb fest; und selbst wenn ich begierig gewesen wäre, ein Stück Land zu kaufen – ich hätte mich dennoch nicht entschließen können, da mein Geschäft in diesem Sommer eine betrübliche Wendung genommen hatte und ich alles leid war..." (S. 329).

Kapitel 3

"Auf der Umgebungskarte, die Ardalion eines Tages auf unserem Balkon liegenließ, sind alle Einzelheiten der Gegend deutlich zu erkennen. Nehmen wir an, ich halte die Karte vor mich hin; dann darf man sich Berlin, das außerhalb der Karte liegt, ungefähr in der Nachbarschaft meines linken Ellbogens vorstellen. Auf der Karte selbst, in der südwestlichen Ecke, erstreckt sich, wie ein Stück schwarz-weißes Schuppenband, in nördlicher Richtung die Eisenbahnlinie, die, wenigstens metaphysisch, von Berlin aus meinen Ärmel in Richtung Manschette entlangläuft. Meine Armbanduhr ist das Städtchen Königsdorf, hinter dem das schwarz-weiße Band abbiegt und nach Osten führt, wo ein weiterer Kreis liegt (der unterste Knopf meiner Weste): Eichenberg… wir steigen in Königsdorf aus. Während die Eisenbahnlinie sich nach Osten wendet, macht ihre Begleiterin, die Hauptstraße, sich selbständig und führt allein nach Norden weiter, geradewegs bis zu dem Dorf Waldau (meinem linken Daumennagel). Dreimal täglich pendelt ein Bus zwischen Königsdorf und Waldau (siebzehn Kilometer); und in Waldau liegt übrigens auch die Zentrale der Immobilienfirma; ein farbenfroh angestrichener Pavillon, eine flatternde Phantasiefahne, zahlreiche gelbe Wegweiser; einer zeigt zum Beispiel 'Zum Badestrand', aber von Strand kann noch nicht die Rede sein –  nur von einem Morast am Rande des Waldauer Sees; ein weiterer zeigt 'Zum Casino', aber das gibt es ebenfalls nicht, doch wird es vertreten von etwas, das wie ein Tabernakel aussieht, mit einem Kaffeeausschank im Anfangsstadium; noch ein weiterer Wegweiser lädt 'Zum Sportgelände' ein, und tatsächlich findet man dort, frisch aufgebaut, eine komplizierte Angelegenheit für gymnastische Zwecke, ziemlich galgenähnlich – aber es ist niemand da, der das Ding benutzen könnte, abgesehen von einem Dorfknirps, der mit dem Kopf nach unten daran baumelt und den Flicken auf seinem Hosenboden sehen lässt; und rundherum, in allen Himmelsrichtungen, liegen die Parzellen; einige sind halb verkauft, und sonntags sieht man dicke Männer in Badeanzug und Hornbrille eisern damit beschäftigt, erste Ansätze von Sommerhäuschen zu bauen; da und dort entdeckt man vielleicht sogar frisch gepflanzte Blumen oder auch einen rosagestrichenen Abort, umschlungen von Kletterrosen" (S. 342-344).

"Wir fahren allerdings auch nicht bis Waldau, sondern verlassen den Bus zehn Kilometer hinter Königsdorf, an einer Stelle, wo ein einsamer gelber Pfahl zu unserer Rechten steht. Auf der Ostseite der Chaussee zeigt die Karte eine ausgedehnte, mit Punkten übersäte Fläche: Das ist der Wald; dort, in seinem Herzen, liegt der kleine See, in dem wir badeten, und an seinem Westufer, fächerartig ausgebreitet wie Spielkarten, ein Dutzend Parzellen, von denen nur eine verkauft ist (die von Ardalion – wenn man das verkauft nennen will) … Erwähnt wurde bereits die Bahnstation Eichenberg, die auf Königsdorf folgt, wenn man nach Osten reist. Jetzt eine technische Frage: Kann jemand, der in der Gegend von Ardalions See losmarschiert, zu Fuß Eichenberg erreichen? Die Antwort lautet: Ja. Wir müssen südlich um den See herumgehen und uns dann durch den Wald ostwärts halten. Nach einem Vierkilometermarsch, bei dem wir die ganze Zeit über im Wald bleiben, kommen wir auf einen Feldweg [russ. derewenskaja doroga, Feldweg, wörtlich Dorfstraße, engl. country road, ländliche Straße, Landstraße] hinaus, der in der einen Richtung irgendwohin führt, zu kleinen Dörfern, um die wir uns nicht zu kümmern brauchen, während die andere uns nach Eichenberg bringt … Dieser Spaziergang nun. Ich wurde von dem Bus an dem gelben Pfahl abgesetzt. Der Bus fuhr seine Strecke weiter…  Ich ging in den Wald. Ich blieb an genau derselben Stelle stehen, wo meine Frau und ich einst auf Ardalion gewartet hatten … Ich ging zum See weiter und entdeckte im Sand die zusammengeknüllten schwarz-orangefarbenen Fetzen einer Filmpackung (Lydia hatte uns photographiert). Ich ging südlich um den See herum und dann, durch den dichten Kiefernwald, geradewegs nach Osten. Nach einer Stunde gemütlichen Wanderns kam ich auf den Feldweg hinaus [engl. country road = Landstraße]. Ich schlug ihn ein und war nach einer weiteren Stunde in Eichenberg. Dort bestieg ich einen Bummelzug. Ich fuhr nach Berlin zurück" (S. 344-346).

Kapitel 9

Am Tag des Mordes fährt Hermann Karlowitsch mit seinem 'Ikarus' von Berlin über Königsdorf am späten Nachmittag zu km 10 auf der Chaussee und am gelben Pfahl ein kurzes Stück rechts in den Wald. Dort erwartet ihn wie verabredet der Landstreicher Felix Wohlfahrt (er soll angeblich am nächsten Tag mit dem'Ikarus' an jemand vorbeifahren und dabei wie Karlowitsch aussehen). Karlowitsch rasiert ihn, tauscht die Kleidung mit ihm, nimmt alle seine Sachen an sich, tötet ihn mit einem Genickschuss, säubert die Stelle und lässt die Leiche liegen.

"Als nächstes führte ich einen vor langer Zeit entworfenen Plan aus: Ich hatte den Wagen gleich gewendet und auf einem Stück Knüppeldamm zum Stehen gebracht, das zur Straße hin leicht abfiel; jetzt rollte ich meinen kleinen Ikarus ein paar Meter vorwärts, damit er am Morgen von der Chaussee aus zu sehen war und so zur Entdeckung meines Leichnams führen würde. Die Nacht kam schnell herabgestürzt. Das Trommeln in meinen Ohren war fast verklungen. Ich stürmte in den Wald und kam dabei nahe an der Leiche vorbei; aber ich hielt nun nicht mehr inne – hob nur den Rucksack auf, und unerschrocken, in flottem Tempo, als hätte ich in Wirklichkeit nicht diese steinschweren Schuhe an den Füßen, ging ich um den See herum, ohne je den Wald zu verlassen, weiter und immer weiter, im geisterhaften Zwielicht, durch geisterhaften Schnee ... Und wie bewundernswert wusste ich die richtige Richtung, wie akkurat, wie lebhaft hatte ich mir alles vorgestellt, als ich im Sommer die Pfade erforschte, die nach Eichenberg führten! Ich erreichte den Bahnhof rechtzeitig. Mit der Dienstfertigkeit eines Geistes erschien zehn Minuten später der Zug, den ich brauchte. Ich verbrachte die halbe Nacht in einem klappernden, schwankenden Dritter-Klasse-Wagen … am Morgen dann stieg ich aufs neue um, dieses Mal in einen Schnellzug" (S. 493-494).

 

 

 

 

»Der Bahnhof Friedersdorf, 2014. Das Bahnhofsgebäude ist heute außer Betrieb, nicht aber die Strecke.                                                                       Foto ©D.E.Z.

 

Die Entfernungsangaben in diesen Beschreibungen und auf der sie illustrierenden Kartenskizze sind abolut klar. Von Berlin aus führten um 1930 alle Wege in die Gegend um Kolberg, ob per Bahn, Auto oder Bus, über Königs Wusterhausen. Es muss das Königsdorf des Romans sein. Heute versucht einen das GPS-Gerät von Königs Wusterhausen aus über die Autobahn nach Kolberg zu lotsen; das ist weiter, ginge aber schneller. Damals gab es nur eine praktikable Straßenverbindung, die heutige L40/L39 über Senzig, Bindow, Friedersdorf und Blossin. Sie war die "Chaussee" des Romans und heißt in Teilen noch heute "Chausseestraße" oder "An der Chaussee". Von der Stadtgrenze von Königs Wusterhausen nach Kolberg sind es laut Tacho 18 Kilometer. Im Roman und auf der Kartenskizze sind es von Königsdorf nach Waldau, wo sich die Immobilienfirma befindet, von der Ardalion die Parzelle an "seinem" See gekauft hat, 17 Kilometer. Wie im Roman zweigt exakt 10 Kilometer hinter Königs Wusterhausen rechts ein Waldweg nach Süden von der L40 ab. Er führt direkt zum Nordufer des Bindower Ziestsees. An der Einmündung dieses Waldwegs in die Chaussee müsste  Karlowitsch sein Opfer erschossen und sein Auto stehen gelassen haben. Die Einmündung war markiert von einem gelben Pfahl mit der Werbung einer Immobilienfirma.

Jens Sparschuh ist die Strecke 2009 abgefahren und hat den Waldweg auf Anhieb gefunden. Ich bin sie 2014 auch noch einmal gefahren, habe sie ebenfalls gefunden – und dort wie zur Bestätigung einen leuchtend gelben Pfahl, der allerdings nicht für eine Immobilienfirma wirbt, sondern eine Erdgasleitung markiert, die OPAL von der Ostsee nach Tschechien. Da mein Ikarus kein Geländewagen ist, bin ich nicht in den Waldweg zum Ziestsee hineingefahren.

Von Königs Wusterhausen/Königsdorf aus liegt der Kleine Ziestsee, Nabokovs See, drei Kilometer jenseits von Kolberg/Waldau. Wäre er gemeint gewesen, so hätte die Gesamtentfernung statt 17 etwa 20 Kilometer betragen müssen. Außerdem wäre Karlowitschs, Lydias und Ardalions Überlegung, ob man nicht statt zu diesem schwer zugänglichen Waldsee weiter nach Waldau fahren sollte, wo es wenigstens so etwas wie ein Café gebe, unsinnig gewesen, denn auf dem Weg zum Kolberger Ziestsee wäre man bereits durch Waldau gekommen.

Noch unsinniger wäre Karlowitschs Fluchtweg nach dem Mord, wenn man Ardalions See mit dem Kolberger Ziestsee gleichsetzte. Er geht "südlich" (was hier "nördlich" bedeuten könnte) um den See herum, eine Stunde durch den Kiefernwald und dann noch eine Stunde auf einer Landstraße, bis er den Bahnhof in Eichenberg (realiter Friedersdorf) erreicht. Übrigens findet sich auf meiner alten Ausflugskarte 750 Meter südlich des Bahnhofs Friedersdorf eine 48 Meter hohe bewaldete Anhöhe namens Eichberg - ein Beweis dafür, dass Nabokov bei der Niederschrift seines Romans die Wanderkarte dieser Gegend sehr genau untersucht haben muss. Karlowitsch dürfte diesen Hügel südlich umgangen haben, ehe er auf die Landstraße zum Bahnhof stieß, genau, wie es Nabokov auf seiner (gedrehten) Karte eingezeichnet hat.

Jens Sparschuh findet, Karlowitsch hätte für diesen Weg zu lange gebraucht, er wäre auch in einer halben Stunde zu schaffen gewesen. Wäre er das? In der Realität ja: Da hätte er nur von der Einmündung des Waldwegs aus, wo er die Leiche und sein Auto zurückgelassen hatte, auf der Chaussee ostwärts nach Friedersdorf gehen müssen. Aber Karlowitsch wäre diesen direkten Weg nicht nur darum nicht gegangen, weil er auf Nabokovs Kartenskizze gar nicht existierte (es führte dort keine Chaussee aus der Umgebung von Ardalions See nach Eichenberg), sondern weil er sicher sein wollte, auf dem Weg niemandem zu begegnen. So nahm er einen in der Realität viereinhalb Kilometer langen Weg, vom Bindower Ziestsee zum Bahnhof Friedersdorf, zunächst ostwärts quer durch den Kiefernwald, zuletzt nordwärts über ein Stück Landstraße. Und man bedenke: Es war Nacht und Winter, die sowieso nur wenigen und nur angedeuteten Waldwege waren zugeschneit, er hatte "bleischwere Schuhe" an den Füßen und muss beständig gestolpert und gerutscht sein. Seinen ständigen Prahlereien über seine im Sommer und bei Tag erworbenen fabelhaften Ortskenntnisse ist nicht zu trauen. Man darf nicht vergessen: Verzweiflung ist das Selbstporträt eines Wahnsinnigen. Er dürfte den richtigen Weg nicht so leicht gefunden haben, wie er vorgibt, und immer wieder aufgehalten worden sein oder sich verlaufen haben. Jedenfalls kommen mir zwei Stunden für diesen seinen besonderen Nachtmarsch nicht zu lange vor.

Ganz unmöglich aber würde seine Flucht vom Tatort zum Bahnhof, wenn man annähme, Ardalions See habe habe dort gelegen, wo Nabokovs Ziestsee lag. Vom Kolberger Ziestsee bis zum Bahnhof Eichenberg (alias Friedersdorf) wären es zehn Kilometer gewesen, und höchstens die ersten paar hundert Meter durch Wald, der Rest auf einer belebten Landstraße (der L39) mitten durch zwei Dörfer, Kolberg und Blossin.

Noch aussichtsloser wird der Versuch, das Buch an die Realität anzupassen, wenn man versuchsweise annimmt, mit Eichenberg an der eingleisigen Nebenstrecke von Berlin über Königs Wusterhausen nach Beeskow sei gar nicht Friedersdorf gemeint gewesen, sondern Bestensee (damals Groß Besten) an der zweigleisigen Hauptstrecke von Berlin über Königs Wusterhausen nach Cottbus und Görlitz. Das hätte Karlowitsch zu einem Fußmarsch von 12 Kilometern genötigt, bis auf ein paar hundert Meter am Anfang auf einer geraden Landstraße (der heutigen B246) quer durch die Ortschaften Prieros und Gräbendorf und zudem auf einer unausweichlichen Brücke über den Fluss Dahme. Die Dahme-Überquerung hätte übrigens auch seine Flucht vom Bindower Ziestsee nach Bestensee unmöglich gemacht. Auf seinem Weg wäre er zwar zu einer Dahme-Fähre gekommen, aber das Fährhaus hätte auf der gegenüberliegenden Seite des Wasserlaufs gelegen (ein kleiner blauer Fährkahn liegt noch da), und man stelle sich vor, ein flüchtiger Mörder hätte geplant, mitten in einer Winternacht sein "Hallo" über den Fluss zu rufen und hoffen zu müssen, dass der Fährmann ihn hört und aufsteht. Nein, der Kleine Ziestsee, Nabokovs See, kann so und so nicht Ardalions See sein.

1978 drehte Rainer Werner Fassbinder, nach einem Drehbuch von Tom Stoppard, einen Film nach Despair, mit Dirk Bogarde in der Rolle von Hermann Hermann (Hermann Karlowitsch). Deutscher Titel: Eine Reise ins Licht. Berlin und die Mark Brandenburg kommen darin nicht vor.

 

Unstimmigkeiten

Zu der Verwirrung trägt bei, dass sich in Verzweiflung die beiden Wegbeschreibungen zu Ardalions See nicht vollständig decken und dass es auch zwischen dem Roman und Nabokovs Kartenskizze Widersprüche gibt.

In Kapitel 2 des Romans wird die Entfernung vom Waldweg mit dem gelben Pfahl nach Waldau mit 17 Kilometer angegeben, sodass die Gesamtentfernung zusammen mit den 10 km von Königsdorf zum gelben Pfahl 27 Kilometer betragen müsste. Wahrscheinlich ein bloßes Versehen Karlowitschs bzw. Nabokovs, denn sonst beträgt die Gesamtentfernung im Buch und auf der Kartenskizze immer 17 Kilometer. In der Realität sind es 18 Kilometer von Königs Wusterhausen nach Kolberg.

 

»Nabokovs Kartenskizze zu "Verzweiflung", gezeichnet zwischen 1937 und 1966 in sein Exemplar der englischen Ausgabe des Verlags John Long. Links das Original, rechts gedreht und vertikal gespiegelt. Die rote Linie (Landstraße) korrigiert ihren Fehler. Das Original befindet sich im Vladimir Nabokov Archiv der Berg Collection der New York Public Library, die es 1999 im Rahmen ihrer Zentenarausstellung online stellte.

 

Nabokovs Kartenskizze ist, an jeder realen Karte der Gegend gemessen, auf den ersten Blick offensichtlich falsch. Man muss aber Folgendes bedenken. Der Roman wurde 1932 geschrieben, drei Jahre, nachdem Nabokov dessen märkische Szenerie erlebt hatte. In Fortsetzungen wurde er in einer Pariser Emigrantenzeitschrift, den Sowremennije sapiski, 1934 veröffentlich. Die russische Buchausgabe erschien 1936 in Berlin. Da übersetzte Nabokov das Buch gerade ins Englische, für den Londoner Verlag John Long. Die Belegexemplare dieser englischen Fassung erhielt er von dem  Londoner Verlag John Long am 19. April 1937 in Paris. Dies also ist der früheste Tag, an dem er die Karte hätte zeichnen können. Das Exemplar, das er nach Amerika mitnahm, hielt er für das einzige überlebende; den Rest der Auflage soll eine deutsche Bombe in London zerstört haben. 1965/66 überarbeitete er diese englische Fassung nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich für die erste amerikanische Ausgabe, die der Verlag Putnam 1966 herausbrachte. Möglicherweise hat Nabokov während dieser Überarbeitung die Karte in sein Exemplar gezeichnet, um sich die vertrackte Geographie des Romans noch einmal zu vergegenwärtigen. Somit hätte er die Karte fünf bis vierunddreißig Jahre nach der Niederschrift des Romans, acht bis siebenunddreißig Jahre nach der Kolberger Sommerepisode in Frankreich oder Amerika gezeichnet, und das wahrscheinlich ohne alle kartographische Unterlagen. Unter diesen Umständen ist sie sogar überraschend richtig ausgefallen. Die englische Literaturwissenschaftlerin Jane Grayson hat 1977 die Diskrepanzen zwischen den drei Fassungen des Romans, der russischen und den beiden englischen, systematisch untersucht und Hunderte gefunden. Die Geographie ist jedoch gleich geblieben.

Der eine Fehler von Nabokovs Karte besteht darin, dass sie Nord und Süd, aber nicht Ost und West vertauscht. Königsdorf liegt auf ihr nördlich von Berlin. Der Fehler ist so offensichtlich, dass man annehmen darf, Nabokov habe ihn absichtlich gemacht, um dem Leser die Lokalisierung seiner Fiktion in der Realität zu erschweren. Er ist leicht behoben: Man muss sich nur ein "S" an die Oberseite der Karte denken und an die Unterseite ein "N" und sie dann vertikal spiegeln. (In Wirklichkeit liegt Königs Wusterhausen nicht südlich, sondern südöstlich von Berlin. Aber die Bahnstrecken in Richtung Berlin verlaufen von Königs Wusterhausen aus zunächst tatsächlich geradewegs nach Norden.) Vielleicht standen Nabokovs innere Karten immer sozusagen auf dem Kopf; jedenfalls liegt verwunderlicherweise auf seiner Kartenskizze zu "Erinnerung, sprich" der Norden (St. Petersburg) unten, die südlich von Petersburg gelegenen Familiengüter Wyra, Batowo und Roshdestweno oben - und das war eine Gegend, in der er sich besser auskannte als in jeder anderen und mit der er keine verfremdenden Scherze trieb.

Nach dieser Nord-Süd-Umkehrung bleibt nur ein eklatanter Fehler, aus dem ein kleinerer folgt, der Nabokov prompt in Verlegenheit bringt. Auf seiner Kartenskizze führt die Chaussee von Königsdorf nach Waldau unterhalb an Ardalions See vorbei, die Bahnstrecke oberhalb, sodass der See im Winkel von Bahn und Straße zu liegen kommt. Um sie mit dem Roman und der Wirklichkeit in Einklang zu bringen, müssten aber Bahn und Straße bis Eichenberg (alias Friedersdorf) etwa parallel oberhalb von Ardalions See (alias Bindower Ziestsee) verlaufen, und erst in Eichenberg dürfte die Straße scharf nach Süden abbiegen, Richtung Waldau (alias Kolberg). Wo die Straße auf der Karte von Königsdorf geradeaus nach Waldau führt, führt in Wirklichkeit eine zweite, zweigleisige Bahnstrecke geradeaus weiter nach Groß Besten, Cottbus und Görlitz, die aber im Roman keine Rolle spielt und auf der Schemakarte darum getrost fehlen kann. Dieser eine Fehler bewirkt, dass man auf der Karte von der Chaussee aus nach links in den Waldweg zu Ardalions See abbiegen müsste, im Roman aber (wie in der Realität) nach rechts. Der Fluchtweg vom Tatort gerät entsprechend falsch: "Nach einem Vierkilometermarsch, bei dem wir die ganze Zeit über im Wald bleiben, kommen wir auf einen Feldweg (englisch country road, Landstraße) hinaus, der in der einen Richtung irgendwohin führt, zu kleinen Dörfern, um die wir uns nicht zu kümmern brauchen, während die andere uns nach Eichenberg bringt." Diese Dörfer sind realiter aber Blossin und Kolberg. Und das führt zu der Verlegenheit, dass es Waldau (alias Kolberg) auf der Karte zweimal zu geben scheint, einmal am Ende der Chaussee von Königsdorf, wo an dem kleinen Kreis "Waldau" steht, und noch einmal am Ende der Landstraße, die nordwärts nach Eichenberg (alias Friedersdorf) führt und über die Karlowitsch in der Mordnacht den Bahnhof erreicht. An ihrem Ende zeichnet Nabokov einen weiteren kleinen Kreis und lässt ihn unbeschriftet. Hätte er ihn beschriftet, so hätte er hier zum zweiten Mal "Waldau" eintragen müssen.

Man muss diese Karte also drehen und spiegeln, um sie den geographischen Gegebenheiten der Realität näher zu bringen. Aber wie?

 

 

 

»Berliner Vorortzug 1925

 

 

»Der Bahnhof Königs Wusterhausen, 2014

Foto ©D.E.Z.

Das auffälligste Merkmal von Nabokovs Karte, das, mit dem er sich augenscheinlich die meiste Mühe gegeben hat, ist der 90-Grad-Knick, den seine Bahnstrecke in Königsdorf macht. Realiter macht die Bahn von Berlin nach Friedersdorf in Königs Wusterhausen tatsächlich einen auffälligen 90-Grad-Knick. Er dürfte Nabokov beim Kartenstudium ebenso wie bei seinen Fahrten nach Friedersdorf aufgefallen sein. Der Zug hält im Bahnhof Königs Wusterhausen eine Viertelstunde, die Fahrgäste bleiben auf ihren Plätzen, während die Lok vom Kopf des Zugs an sein Ende gestellt wird, dann fährt er wieder an, aber scheinbar wieder zurück nach Berlin, biegt jedoch gleich nördlich des Bahnhofs scharf nach rechts von der Hauptstrecke ab und rollt weiter Richtung Osten. Dieser markante Winkel nun – man kann ihn als Vorschlag nehmen, wie man Nabokovs Karte zu drehen und zu wenden hätte: Der Ast in Richtung Berlin sollte nach oben weisen, nach Norden, der andere Ast nach rechts, nach Osten, in Richtung Eichenberg/Friedersdorf. Dann stimmt alles, bis auf die Führung der Chaussee und das gedoppelte Waldau, das die Folge der falschen Chausseeführung ist.

 

Des Rätsels Lösung?

Der Bindower Ziestsee kann nicht der Ziestsee sein, an dem Nabokovs Kolberger Grundstück lag. Der Kolberger Ziestsee kann nicht der Ziestsee sein, in dessen Nähe Karlowitsch seinen Mord beging und von dem aus er seine Flucht antrat. Was folgt daraus? Dass  "Ardalions See" die Kontamination zweier Doppelgänger war. Nabokov hatte bei der Konzipierung von Verzweiflung beide Ziestseen im Sinn. Er lieh Ardalion seinen eigenen Kolberger Ziestsee mitsamt seinen einsamen Ufern, seinem Seegrundstück, verlegte ihn dabei aber an die Stelle, wo in der Wirklichkeit wie im Roman der andere, der größere, der Bindower Ziestsee liegt.

Viel zu rasch könnte man versucht sein zu sagen: Warum auch nicht? Er habe in seinen sechs Wochen am Kolberger Ziestsee eben auf einer Wanderkarte der Gegend entdeckt, dass es seinen See doppelt gab, und sich diesen kuriosen Umstand gemerkt. Aber so leicht kann man ihm und sich selbst dieses Manöver nicht machen. Um in Verzweiflung 1934 die Wege zum und vom Bindower Ziestsee geographisch richtig beschreiben zu können, müsste Nabokov 1929 auch selbst dort gewesen und sie gefahren und gegangen sein – und sie sich dabei eingeprägt haben, für alle Fälle, fünf Jahre bevor er Verzweiflung schrieb, mindestens acht Jahre, bevor er ohne Gedächtnisstützen seine Kartenskizze zum Roman zeichnete. Unmöglich ist es nicht; als entomologischer Feldforscher wanderte er gerne, beobachtete genau, beschwerte sich nicht über stechende Insekten, hatte ein phänomenales Gedächtnis für visuelle Eindrücke in der Wirklichkeit und visuelle Bilder in der Literatur.

Es ist dies eine Voraussetzung, die das Vertrauen in diese Lösung durchaus strapaziert. Trotzdem scheint es mir keine andere zu geben.

 

Postscriptum

"Wäre er gemeint gewesen"... Viele in Nabokovs Leserschaft würden die Feststellung, Nabokov meine mit X "in Wirklichkeit" Y, schon im Ansatz für verfehlt halten. Vielleicht hätte sogar er selber es getan. Beteuert er in seinen Vorlesungen und Vor- oder Nachworten nicht immer wieder, seine Romane und Erzählungen seien reine Fiktion, ohne Bezug zu irgendeiner Realität? "Wir sollten stets bedenken", sagte er zum Beispiel in einer Einführung zu seinen Vorlesungen, "dass Kunst unausweichlich die Schöpfung einer neuen Welt zur Aufgabe hat, sodass wir zuallererst jene neue Welt so gründlich wie möglich studieren und uns ihr als etwas vollkommen Neuem nähern sollten, das in keinem offensichtlichen Verhältnis zu den Welten steht, die wir bereits kennen ... Literatur ist Erfindung. Romane sind Fiktion – etwas Vorgestelltes, Erdachtes ..." Die scheinhafte "Wirklichkeit" der Fiktion entstamme allein dem Kopf des Künstlers, und nur als solche sei sie von Interesse.

Tatsächlich aber war Nabokovs Position sehr viel komplizierter, glücklicherweise. Nicht umsonst gilt er als Meister der Gegenständlichkeit, wird er für seine unzählbaren minuziösen Details bewundert, und diese Details waren in der Regel nichts anderes als die subjektiven Beschreibungen durchaus objektiver konkreter, sinnlicher, vor allem visueller - und oft auch vergänglicher - Gegenstände. Wirkliche Literatur sei die Kunst "der lebhaften Evokation von Sinneseindrücken". "Manche Leser mögen annehmen", sagte er in seiner Vorlesung über Dickens, Dinge wie diese Evokationen seien Nichtigkeiten, die es nicht wert sind, dass man sich damit aufhält. Doch Literatur besteht aus solchen Nichtigkeiten. In der Tat besteht Literatur nicht aus allgemeinen Ideen, sondern aus einzelnen Offenbarungen..." In seinen Vorlesungen lobte er bei anderen Autoren durchweg korrekte Beschreibungen eines konkreten Gegenstands, oft eines flüchtigen und vergänglichen, den die Beschreibung potenziell unsterblich machte. Wenn er anderen Autoren etwas vorwarf, dann meist, dass irgendwelche konkreten Details ihrer Bücher nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Malraux, eröffnete er Edmund Wilson einmal, halte er nur für einen "drittklassigen Künstler". Man sollte meinen, ein solches vernichtendes Verdikt hätte er darauf gestützt, dass er ihm politisch nicht behagte oder dass er ihn der verachteten "Ideenliteratur" zurechnete. Weit gefehlt. Wilson gegenüber zählte er vier konkrete Details der "Comédie humaine" auf, die seiner Meinung nach nicht stimmten, das heißt nicht mit der Realität übereinstimmten, unter anderem dies: "Kommen Grillen ... und Mücken im Imaginalstadium zu Beginn des Frühlings in Shanghai vor? Ich bezweifle es." Also: Malraux habe vermutlich falsch beobachtet und darum die Realität in seinem Kopf falsch rekonstruiert.

Besonders Nabokovs Fiktionen aus den Berliner 1920er und 1930er Jahren schildern völlig unverhohlen die konkrete wirkliche Wirklichkeit, wie er sie kannte, mit nur notdürftig kaschierten Namen. Jede seiner Lokalitäten ist konkret und lässt sich auf einem Stadtplan lokalisieren. Seine Hauptfigur aus jener Zeit, der angehende Schriftsteller Fjodor Godunow in "Die Gabe", hätte er in erfundenen Berliner Häusern ohne Zahl wohnen lassen können  ̶  doch er brachte ihn ausgerechnet in dem kuriosen Eckhaus am Hochmeisterplatz in Halensee unter, in dem Nabokov selber wohnte, und an der Straßenbahnendhaltestelle und dem Pissoir dort kam er selber jeden Tag vorbei. Sogar in "Lolita" lassen sich die allermeisten Stationen auf Humberts surrealer Reise durch Nordamerika durchaus auf Landkarten finden, und viele ihrer Beschreibungen entstammen fast wörtlich den Reiseführern des Amerikanischen Automobilclubs, die er selber benutzte. Sogar in der phantastischen Geographie des Planeten Antiterra in "Ada" lassen sich unverkennbare Widerspiegelungen der irdischen Geographie ausmachen. Manches in Nabokovs Werk ist wirklich ganz und gar erfunden; "Einladung zur Enthauptung", "Das Bastardzeichen" und "Tyrannenvernichtung" lassen sich nur auf einer abstrakten Ebene auf irgendeine Realität zurückführen. In der Regel aber erfand Nabokov die Wirklichkeiten seiner Werke nicht freihändig. Vielmehr nahm er ein Stück konkrete Wirklichkeit, das ihm zufällig gerade zur Hand war, verwandelte es, bis es passte, und baute aus solchen verwandelten Stücken seine fiktiven Welten. So auch in "Verzweiflung".

"Literarizität" und "Faktizität" sind in Nabokovs Fall nämlich nicht die Widersprüche, für die manche sie halten. Mir scheint die Untersuchung der Beziehung zwischen Realität und Fiktion mindestens genauso lohnend wie deren rein literarische Ausdeutung.

 


 

Literaturnachweise

Akten "Der Colberg", Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam, Archiv-Signaturen Rep. 6 B Beeskow-Storkow Nr. 1371 sowie Rep. 2A I S Nr. 57

Berliner Morgenpost (Hg.): "1000 Wege um Berlin - Karten-Buch und Wander-Führer". Berlin: Ullstein, ca. 1935

Boyd, Brian: "Vladimir Nabokov – The Russian Years" (VNRY). Princeton, NJ: Princeton University Press, 1990

Boyd, Brian: "Vladimir Nabokov – Die russischen Jahre 1899-1940" (VNRJ), aus dem Englischen von Uli Aumüller, Sabine Baumann, Ursula Locke-Groß, Kurt Neff und Hans Wolf. Reinbek: Rowohlt, 1999

Field, Andrew: "Nabokov: His Life in Part". New York: Viking Press, 1977

Field, Andrew: "VN – The Life and Art of Vladimir Nabokov". New York: Crown, 1986

Nabokov, Vladimir: "Ottschajanije" [Verzweiflung]. Berlin: Petropolis, 1936 (Vorabdrucke einzelner Teile ab 1932, hauptsächlich 1934 in "Sowremennije Sapiski", Paris, und "Poslednije Nowosti", Paris)

Nabokoff-Sirin, Vladimir: "Despair", aus dem Russischen vom Autor. London: John Long, 1937. New York, Vintage International, 1989.

Nabokov, Vladimir: Kartenskizze zu "Despair": http://web-static.nypl.org/exhibitions/nabokov/ feurope.htm

Nabokov, Vladimir: "Verzweiflung", aus dem Englischen von Klaus Birkenhauer und mit einem Nachwort von Dieter E. Zimmer. In Gesammelte Werke, Band 3, S. 273-581, Reinbek: Rowohlt, 1997

Nabokov, Vladimir: "Gute Leser und gute Autoren". In "Vorlesungen über westeuropäische Literatur", Gesammelte Werke, Band 18, S. 33-43. Reinbek: Rowohlt, 2014

Schuenke, Wolfgang: "80 Jahre Bindow Siedlung – Erfragt - Ermittelt - Erlebt - Geschichte(n) von Bindow". Bindow: Privatdruck, 2007, 2008. www.heidesee-journal.de/bindow_chronik/ ueber_bindow/index.php

Sparschuh, Jens: "Ende der Sommerzeit", Roman. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2014

Urban, Thomas: "Vladimir Nabokov – Blaue Abende in Berlin". Berlin: Propyläen, 1999

Zimmer, Dieter E.: "Nabokovs Berlin". Berlin: Nicolai, 2001

 

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